Bisher ausgezeichnete Arbeiten

Fritz Stolz-Preis 2023

Der Fritz Stolz-Preis 2023 wurde für herausragende Masterarbeiten verliehen. Die Jury beschloss, zwei der eingereichten Masterarbeiten zu prämieren.

Loïc Bawidamann

Von Reptiloiden, Verschwörungen und dem Kampf gegen den Mainstream. Eine religionswissenschaftliche Untersuchung alternativer Medien, Universität Zürich 2023

Loïc Bawidamann analysiert in seiner Masterarbeit die Beziehung von Religion und sogenannten Verschwörungstheorien. Die Untersuchung konzentriert sich auf zwei alternative Medienplattformen aus der Deutschschweiz, die deutliche Bezüge zu Verschwörungstheorien und Religion aufweisen. Die Arbeit stützt sich auf Webscraping der publizierten Medieninhalte und problemzentrierte Interviews, die mit alternativen Medienproduzent*innen geführt wurden, um aufzuzeigen, warum und wie sich religiöse Akteur*innen an der Produktion von alternativen Medien beteiligen. Dabei werden Verschwörungstheorien nicht als Äquivalent zu Religion interpretiert, sondern es wird nach Überschneidungen sowohl auf inhaltlicher als auch auf Akteur*innenebene gefragt. Die Masterarbeit präsentiert somit Zusammenhänge zwischen alternativem Wissen, alternativer Religion und alternativer Medizin, die einen Einblick in ein wenig untersuchtes Milieu ermöglichen und weiterführende Fragen für die religionswissenschaftliche Forschung generieren.

Loïc Bawidamann ist Assistent am Religionswissenschaftlichen Seminar der Universität Zürich und beschäftigt sich in seiner Dissertation weiter mit dem Zusammenspiel von Religion und alternativen Wissensbeständen.

Janina Koelbing

Vom Spiegel des Narziss zum Selfie der Narzissa.Virtuelle Realität als religiöse Technologie der Desubjektivierung, Universität Basel 2023

Die Technologien der virtuellen Realität und des gefilterten Selfies werden in dieser Arbeit als Elemente einer zeitgenössischen Religionsformation ausgewiesen. Diese „ultramoderne“ Religion ist an einem fundamentalen Transformationsprozess der modernen Subjektivierung beteiligt, den die Autorin ausgehend von der christlichen Identifikationslogik hin zur technowissenschaftlichen Inszenierung der Imago Dei auf der Bildschirm-Bühne der Sozialen Medien aufzeigt. Aus dieser zunehmend prekären Einrichtung des Verhältnisses von Subjekt und Alterität gehen Desubjektivierungsvorgänge hervor, wie die Analyse verschiedener medialer Dispositive zeigt.
Theoretische Grundlage dieser Herleitung sind die Subjektphilosophie Jacques Lacans und die Thesen des Psychoanalytikers und Rechtshistorikers Pierre Legendres. Diese Einsichten überführt die Autorin in eine psychoanalytisch informierte strukturale Religionstheorie, die ein transzendentales Strukturprinzip für die religiöse Konstituierung von Gesellschaft und Subjekt verantwortlich macht.

Janina Koelbing ist Assistentin im Fachbereich Religionswissenschaft der Universität Basel. Ihre Forschung betreibt sie weiterhin in der Schnittstelle von Religionstheorie, Subjektphilosophie und Psychoanalyse.

Preisträger*innen der vergangenen Jahre

Fritz Stolz-Preis 2022

Der Fritz Stolz-Preis 2022 wurde für herausragende Dissertationen verliehen. Die Jury beschloss, zwei der eingereichten Dissertationen zu prämieren.

  • Anne Beutter: « Recht und Zugehörigkeit, Rechtspraktiken einer religiösen Organisation im rechtlich und religiös pluralen Kontext am Beispiel Apenkwa (1954–1955)», Universität Luzern, 2020.

    Anne Beutter untersucht in ihrer Dissertationsschrift die Wirkungsweisen von rechtlichen Praktiken in religiösen Organisationen anhand der Presbyterian Church of the Gold Coast im Ghana der 1950er-Jahre. Diese Zeit ist durch eine Vielfalt religiöser und auch rechtlicher Ordnungen gekennzeichnet. Empirische Grundlage der Untersuchung sind bisher unbeforschte Protokollbücher von Ältestenratssitzugnen, der untersten Hierarchiestufe der Kirche, aufgezeichnet von lokalen christlichen Mitarbeitern. Die Fallanalysen zeigen die Protokolle als reichhaltige Dokumente afrikanischer Religions- und Alltagsgeschichte und arbeiten ein Set von Rechtspraktiken heraus. In der Analyse und der Abstraktion vom konkreten Geschehen gelingt es Frau Beutter hervorragend darzustellen, dass rechtliche Praktiken für eine religiöse Organisation die Funktion haben, zu definieren, was für die eigene normative Ordnung steht, diese Deutungen zu stabilisieren und laufend das Verhältnis zu anderen normativen Ordnungen zu entwerfen. Diese Befunde verallgemeinert die Verfasserin überzeugend, indem sie das analytische Verhältnis von Recht und Religion weiterentwickelt und der Forschung so neue Impulse gibt.

    Die Studie erschien unter dem Titel «Religion, Recht und Zugehörigkeit. Rechtspraktiken einer westafrikanischen Kirche und die Dynamik normativer Ordnungen» in der Reihe Critical Studies in Religion/Religionswissenschaft bei Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2022.  Zur Verlagswebseite

    Anne Beutter ist derzeit Oberassistentin am Religionswissenschaftlichen Seminar, Universität Luzern.

  • Marc Adam Kolakowski: Johann Wilhelm Stucki (1542–1607). De l’histoire antiquaire à l’histoire des religions, Université de Lausanne, 2020.

    This dissertation, accepted for publication by Droz Editions in Geneva, is the first monograph devoted to Johann Wilhelm Stucki (1542-1607), an important scholarly figure and theologian from the Swiss Renaissance. In the initial part of the research, Marc Adam Kolakowski relied on Stucki’s unedited correspondence, as well as autobiographical passages from his works, to show how his early years in Zurich and many travels across Europe shaped a distinctive comparative approach to contemporary and ancient religions. Then, he focused more specifically on Stucki’s most ground-breaking opus: an encyclopaedic treatise entirely dedicated to ritual sacrifices in Antiquity. His reading of Stucki’s Sacrorum sacrificiorumque gentilium brevis et accurata descriptio (Zurich, 1598) contributes to current debates in History of Scholarship and History of Religions about the initiation of a paradigm shift in religious studies during the second half of the 16th century. Through comprehensive translations of letters, prefaces and key passages from the original Latin, his research also grants access to previously overlooked sources. This work was awarded a Faculty Prize in 2021 by the University of Lausanne, and the 2022 French Prize for “exceptional literary merit” by the Société Académique Vaudoise. 

    Kolakowski’s current research is dedicated to an unpublished treatise by Sir Isaac Newton known as “Of the Church”, sometimes also referred to as “A Church History Compleat” (early 1710s). Most of its content is to be found in two voluminous – and rather disorganised – sets of autograph manuscripts: one held at the Fondation Martin Bodmer, in Geneva, the other at the National Library of Israel, in Jerusalem. Through a combined analysis of codicological and textual data gathered from these more than one thousand pages of ecclesiastical history, Kolakowski intends to offer a new perspective on their dating, re-ordering and relationship to Newton’s other works.